Inhaltsverzeichnis
1. Inhaltsverzeichnis + Einleitung (= Kapitel 1)
2. Wetter ist nicht gleich Klima
3. Der Treibhauseffekt und die Treibhausgase
4. Unterschied zwischen Kohlendioxid und den Kohlendioxid-Äquivalenten
5. Typische Argumente von Klimawandel-Leugnern
6. Warum Erderwärmung als Temperaturdifferenz und nicht in absoluten Zahlen?
7. Die 1,5 °C- und die 2 °C-Welt
8. Bisher weitgehend unterschätzt: Kipp-Effekte
9. Kohlendioxid-Emissionen nach Ländern und Sektoren
10. Einige Kohlendioxid-Emittenten: Straßen-, Luft- und Seeverkehr
11. Sind Rinder und Kühe für den Klimawandel verantwortlich?
12. Natürliche Kohlendioxid-Senken: Ozeane, Moore, Wälder
13. Maßnahmen zur Emissionsreduzierung
14. Emissionskompensation und Emissionshandel
15. Rettet ein Stopp des Bevölkerungswachstums das Klima?
16. Wenn Kinder, Privatpersonen und Verbände Regierungen verklagen
Epilog + Literatur
Kontakt + Danksagung + Vita des Autors
Sie finden das Vorwort und die Einleitung als Kapitel 1 gleich anschließend, die Kapitel 2 bis 16 in der Kategorie „Kapitel 2 - 16“.
Kapitel 1: Vorwort + Einleitung
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Wer mit 81 Lebensjahren einen umfangreichen Klimawandel-Report beginnt und dabei bewusst auch unangenehme Fakten und Schlussfolgerungen zur Sprache bringt, muss wirklich beunruhigt sein. Ja, mich treibt seit fast 30 Jahren die Sorge um unser zukünftiges Klima und die Frage um, wie damit unsere Nachkommen zurechtkommen werden. Außerordentlich enttäuscht bin ich, weil nach wie vor viel zu viele Menschen, Politiker und Industriemanager die Augen vor der Klimakrise verschließen oder zu gleichgültig sind, etwa nach dem Motto „Was in 20 oder 30 Jahren passiert, betrifft mich nicht mehr“, oder die die Gefahr der Folgen des Klimawandels verkennen oder als völlig überzogen ansehen. Dies betrifft vor allem auch den am 6.11.2024 in seine zweite Amtszeit als US-Präsident gewählten Donald Trump, der bereits am Wahltag ankündigte, aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten, die US-Umweltbehörde EPA zu schwächen und amerikanische Schutzgebiete zu verkleinern, um Erdölbohrungen und den Bergbau zu erleichtern. Politiker und Regierungen formulieren allzu bereitwillig Absichten, Vorschläge und Ziele zur Begrenzung der Erderwärmung, handeln dann aber nicht oder allenfalls halbherzig erst dann, wenn es nicht mehr anders geht. Jedenfalls werden die Folgen des Klimawandels meiner Meinung nach heute immer noch stark unterschätzt, auch wenn er mittlerweile tägliches Thema in den Medien ist. Warnungen gab und gibt es jedoch genügend, und auch schon lange. So gelangte bereits im Jahr 1972 der Club of Rome in seiner Studie "Grenzen des Wachstums" zu der Erkenntnis, dass die Menschheit ihre eigene Lebensgrundlage zerstört, wenn sie weiterhin so wächst, produziert, verbraucht und Land, Luft und Ozeane verschmutzt wie bisher. 35 Jahre später, im März 2007, veröffentlichte der Stern in seiner Sonderausgabe "So retten wir das Klima ... und haben trotzdem Spaß am Leben" das Ergebnis seiner Umfrage "Ändern Sie Ihr Verhalten angesichts des drohenden Klimawandels?": 70 % der 1.004 Befragten antworteten mit einem NEIN und nur 28 % mit einem JA (2 %: WEISS NICHT). Ich nehme an, dass sich die Zahl der Ja-Antwortenden mittlerweile vergrößert hat (siehe dazu das Kapitel "Epilog" nach Kapitel 16), auch wenn es keinen Zweifel daran gibt, dass die notwendigen deutlichen Einschränkungen zum Kampf des Klimawandels alles andere als Spaß machen. Dies zeigte sich auch an den Ergebnissen mehrerer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey. Im März 2023 beantworteten 5.005 Befragte die Frage "Wären Sie bereit, für mehr Klimaschutz Ihren derzeitigen Lebensstil zu ändern?" folgendermaßen:
Dazu passt ein späteres Umfrageergebnis von Civey vom 13. und 14.10.2024 (5.061 Befragte). Auf die Frage "Sollte die Bundesregierung Ihrer Meinung nach eher mehr oder eher weniger Geld für den Klimaschutz als bisher ausgeben?" fielen die Antworten wie folgt aus:
Die neue Civey-Frage "Wie bewerten Sie die Forderung von Christian Lindner (FDP; Finanzminister Lindner wurde am 6.11.2024 von Bundeskanzler Olaf Scholz aus seinem Amt entlassen), die deutschen Klimaziele von 2045 auf 2050 zu verschieben?" beantworteten am 6.11.2024 5.066 Personen so:
Die Mehrheit folgte also der Forderung des deutschen Ex-Minister, nur 34,1 % hatten eine andere Meinung. Diese Umfrageergebnisse zeigen, dass die Befragten durchaus von den Schrecken einer zunehmenden Erderwärmung gehört oder gelesen haben, dass aber dennoch der überwiegende Teil gleichgültig gegenüber dieser Thematik ist oder sie einfach ignoriert. Warum ist dies so? Weil die meisten Menschen die drohende Gefahr nicht am eigenen Leib spüren und bisher (!) nicht selbst betroffen sind? Weil sie die klimatischen Veränderungen nicht mehr selbst erleben werden? Weil sie einfach zu müde oder zu gleichgültig angesichts all der anderen komplizierten Krisen dieser Welt geworden sind?
Die Welt-Klimagipfel der Vereinten Nationen
Seit 1992 werden regelmäßige internationale Klimakonferenzen der Vereinten Nationen mit meist jeweils etwa 200 teilnehmenden Ländern und Tausenden von Einzelpersonen organisiert. So fand die UN-Klimagipfelkonferenz COP26 im November 2021 im schottischen Glasgow mit über 30.000 Teilnehmern statt (COP = Conference of the Parties = Konferenz der Vertragsstaaten), von Regierungschefs, Vertretern der Industrie und Energiewirtschaft, von Lobbyisten, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), Umweltschutzorganisationen, Wissenschaftlern, Journalisten, Klima-Skeptikern und Klima-Aktivisten. Vom 6. bis 19.11.2022 folgte mit der COP27 im ägyptischen Sharm el-Sheikh die nächste Mammutkonferenz mit etwa 35.000 Teilnehmern. Am 30.11.2023 begann dann mit der 28. Weltklimakonferenz COP28 die bis dahin besucherstärkste Tagung in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate, VAE). Für die Konferenz meldeten sich insgesamt rund 90.000 Teilnehmer aus 197 Staaten plus der EU an (darunter eine große deutsche Delegation mit allein mehr als 250 Regierungsmitarbeitern), über doppelt so viele wie bei den beiden Tagungen 2021 und 2022. Am 11.11.2024 begann dann in Baku, Hauptstadt von Aserbaidschan im Südkaukasus, COP29 mit Vertretern von 197 Staaten. Doch die Erwartungen der Fachleute hielt sich von Anbeginn an in Grenzen, weil die ehemalige Sowjetrepublik vom Export von Öl und Gas lebt und sich deshalb das Engagement der Veranstalter bei den dringenden Klimaschutzfragen in Grenzen halten dürfte. Kein Wunder, dass mehrere wichtige Regierungsschefs ihre Teilnahme absagten. Dazu zählten Bundeskanzler Olaf Scholz, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der französische Präsident Macron, der noch amtierende USA-Präsident Biden und Chinas Regierungschef Xi Jinping. Schon am Eröffnungstag der Konferenz lief bezeichnenderweise nur wenig nach Plan. Am zweiten Tag irritierte der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev in seiner Eröffnungsansprache das Plenum durch die Aussage, das fossile Energien ein "Geschenk Gottes" seien.
Mit diesen internationalen Großkonferenzen sind gigantische Energieverbräuche verbunden. Allein bei der COP26 im damals noch relativ kühlen Glasgow verursachte jeder Delegierte inclusive Reise-Emissionen im Schnitt einen Treibhausgas-Ausstoß von rund 6 t. Im heißen Sharm el-Sheikh im November 2022 war der Pro-Kopf-Ausstoß wegen der zahlreichen Kühlanlagen entsprechend höher. Und bei der COP28 in Dubai verursachten Veranstalter und Teilnehmer einen Treibhausgas-Ausstoß, der höher war als der von Französisch Guyana mit seinen ca. 320.000 Einwohnern oder Grönland (57.000 Einwohner) im gesamten Kalenderjahr. Da frägt sich schon mancher, ob solche Mammut-Konferenzen im Jahresrhythmus unbedingt sein müssen.
Umso enttäuschender ist, dass die bisherigen internationalen Klimakonferenzen mehr oder weniger weit hinter den Erwartungen zurückblieben, so dass für den Klimaschutz wieder einmal viel Zeit verstrich. Zwar wurde z.B. in Sharm el-Sheikh nach fast drei Jahrzehnten vorausgegangener Diskussionen endlich ein gemeinsamer Geldtopf zum Ausgleich von Klimafolgenschäden in den armen Ländern beschlossen, doch wie und was und wer wie viel einzahlt, blieb offen. Wenigstens bestätigten die Delegierten die bereits während der Konferenz COP26 in Glasgow gefällte Entscheidung, schrittweise aus der Kohle auszusteigen, auch wenn der Zeitpunkt dafür immer wieder aufgeweicht wird. Dabei setzen einige Länder, wie China, leider nach wie vor auf Kohle.
Der schnellstmögliche Ausstieg aus den fossilen Energieträgern sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, wenn die globalen Treibhausgase jedes Jahr weiter zunehmen statt abnehmen. So erhöhten sich die weltweiten Treibhausgas-Emissionen von 2022 auf 2023 um 2 %. In der EU sanken sie im gleichen Zeitraum durch die getroffenen europäischen Klimaschutzmaßnahmen erfreulicherweise um 7 %, in Deutschland sogar um 11 %. Doch Steigerungen der Emissionen in Ländern wie China (+ 5 %) oder Indien (+ 6 %) oder Russland (+ 2 %) machten das beispielhafte europäische Ergebnis zunichte.
Zudem verbraucht die Menschheit zu viele Rohstoffe in immer kürzerer Zeit. Deutlich wird dies durch den sog. Weltüberlastungstag (Earth Overshoot Day), jener Tag im Kalenderjahr, an dem alle jene Ressourcen einschließlich Luft, Holz und Trinkwasser verbraucht sind, die eigentlich bis Jahresende reichen sollten. Noch 1987 war der Weltüberlastungstag am 19. Dezember, 1995 am 21. November, 2023 am 2. August und im Jahr 2024 am 1. August. Ab diesen Tagen lebte der Mensch ökologisch quasi "auf Pump", also auf Kosten unseres Planeten und der der kommenden Generationen. Der rein deutsche Erdüberlastungstag war sogar schon Anfang Mai 2023, denn der deutsche Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch ist viel höher als der weltweite Durchschnitt.
Doch zum klaren und geordneten Ausstieg (phase out) aus Kohle, Öl und Gas war man selbst auf der COP28 in Dubai trotz aller Warnzeichen und eindringlichen Mahnungen der Wissenschaft nicht bereit. Dies ist einerseits frustrierend, andererseits aber auch verständlich, weil die meisten Länder nicht von heute auf morgen damit aufhören können, fossile Brenn- und Kraftstoffe zu nutzen und stattdessen auf erneuerbare Energien durch Sonne, Wind und Wasser zu setzen. Besonders auffällig ist in diesem Punkt die restriktive Haltung der Länder China, Russland und vor allem der ölproduzierenden Länder. So gab es auch in Dubai keine bindende Vereinbarung der Vertragsstaaten, ehrgeizigere Klimaziele festzuschreiben. Es geht darum, das im Jahr 2015 bei der Klimakonferenz COP21 in Paris von 195 Ländern unterzeichnete verbindliche Abkommen, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 dauerhaft, d.h. über einen längeren Zeitraum, am besten auf 1,5 °C, mindestens jedoch auf 2 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit (d.h. 1850 - 1900) zu bringen. Nach diesem Paris-Abkommen gilt eine Erhöhung von 1,5 °C als Grenze für eine gefährliche Klimakatastrophe anstatt "nur" einer Klimakrise; sie liegt nahe an der höchsten Temperatur während der vorletzten warmen Klimaphase der Welt vor rund 125.000 Jahren. Doch es wird immer deutlicher, dass eine Erhöhung von 1,5 °C bis zur Jahrhundertwende bereits heute ausgeschlossen ist, auch wenn dies in den Medien nicht so deutlich kommuniziert wird. Die Öffentlichkeit soll schließlich nicht allzu sehr beunruhigt werden. Doch viele wissenschaftliche Institutionen und anerkannte Klimaforscher scheuen sich nicht, die Fakten zu benennen. Dazu zählt, dass schon in der Zeit von Juni 2023 bis Mai 2024 jeweils in elf der zwölf Monate die 1,5 °C-Grenze überschritten wurde. Die Erderwärmung lag in dieser Phase bei 1,64 °C über dem vorindustriellen Niveau - wohlgemerkt schon heute und nicht erst im Jahr 2000. Das Jahr 2024 wird wieder das bisher wärmste Rekordjahr seit Beginn der Aufzeichnungen werden Und: ungeachtet dessen nimmt der Verbrauch an fossiler Brennstoffenergie weiter zu statt ab.
Bewertet man dies ohne zu beschönigen, kommt man zwangsläufig zum Ergebnis, dass die Festlegung der Weltklimakonferenz 2015 in Paris, die Erderwärmung bis 2100 "dauerhaft möglichst auf 1,5 °C, zumindest auf 2 °C" zu begrenzen, aus heutiger Sicht unsinnig war. Es ist nicht mehr die Kernfrage, wann die 1,5-Grad- bzw. 2-Grad-Schwelle erreicht ist. Man muss dazu nicht 10 oder 20 Jahre warten, denn die Erderwärmung schreitet ständig voran. Sie würde dies wegen der Trägheit des Klimasystems sogar selbst dann tun, wenn es - theoretisch - gelänge, von heute auf morgen sämtliche Treibhausgas-Emissionen zu stoppen. Eine Tatsache, die viele Menschen nicht akzeptieren (wollen).
An Land, in den Meeren und Flüssen: es wird immer wärmer
Wie schnell die bisherigen ehrgeizigeren Klimaziele schon nach wenigen Jahren überholt sind, zeigte sich an einer Meldung des EU-Erdbeobachtungsdienstes Copernicus von Februar 2024 für Deutschland. Der Februar 2024 warb bei uns im Durchschnitt um 6,6 °C zu warm. Gegenüber dem noch nicht lange zurückliegenden Zeitraum zwischen 1961 und 1990 ist dies ein Plus von 6,2 °C, denn damals betrug die mittlere Februartemperatur noch 0,4 °C. Besonders warm war es Mitte Juli 2023 im Kreis Erlangen-Höchstadt, wo mit 38,3 °C die höchste Temperatur des Jahres gemessen wurde. Auch der März 2024 und die nachfolgenden Monate haben Deutschland fortlaufend neue Temperaturrekorde beschert. So wurde z.B. am 13.8.2024 im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler eine Höchsttemperatur von 36,5 °C gemessen, im unterfränkischen Kitzingen am Main am gleichen Tag 36,1 °C.
International gesehen war 2023 das Jahr der bisher extremsten Wettereignisse seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. So sind beispielsweise die Hitzephasen rund um das gesamte Mittelmeer (der Juli mit örtlich fast 50 °C auf Sardinien, Dürren in Spanien, sowohl verheerende Waldbrände als auch zerstörerische Flutkatastrophen mit geschätzten Schäden von 6 Mrd. Euro allein in Griechenland durch den Mittelmeer-Zyklon "Daniel", schrecklicher Starkregen ebenfalls durch "Daniel" Mitte September in Ost-Libyen über der Stadt Darna mit einem Bruch von zwei Staudämmen (Folgen: Überflutung der Stadt und des Umlandes, 40.000 Menschen verloren ihr Zuhause, Tausende Tote und über 8.000 Vermisste) oder die schweren Waldbrände in Kanada noch in guter Erinnerung. Auch in anderen Ländern, wie z.B. in Südostasien, leidet die Bevölkerung immer wieder unter unerträglichen Hitzewellen oder extremen Regenfällen. So wurde Ende April 2024 in Manila über 38 °C gemessen, in Teilen von Bangladesh mehr als 43 °C und in Vietnam, Thailand, Indien und Myanmar sogar um die 46 °C - jeweils im Schatten! Nachts sanken dort die Werte kaum unter 30 °C. Auf der Hadsch im saudi-arabischen Mekka starben im Juni 2024 an der Hitze über 1.300 Menschen, nachdem tagelang Tagestemperaturen bis zu 50 °C herrschten. Nahezu 5 Milliarden Menschen, so die Schätzung, setzte die extreme Hitze im Juni 2024 stark zu, davon allein 619 Millionen in Indien und 579 Millionen in China; 165 Millionen waren in den USA und 152 Millionen in Europa in Europa betroffen.
Die Wärme breitet sich übrigens bis in die Antarktis aus. Statt der für die Monate Juli und August dort üblichen Temperaturen zwischen - 50 und - 60 °C war es im Sommer 2024 um 10 °C, in manchen Regionen sogar bis zu 28 °C wärmer. Einer der Ursachen dafür ist die Abschwächung des polaren Luftstroms, der die kältere Luft von den umliegenden Meeren zurückhält. Noch viel größere Schäden verursachen regelmäßig die Hurrikane in den USA. Ende September 2024 traf der Hurrikan "Helene" auf Florida; er war für mindestens 200 Todesfälle sowie wirtschaftliche Schäden nach einer Aussage des US-Präsidenten Biden von unfassbaren 100 Mrd. US-$ verantwortlich. Nur zwei Wochen später überquerte Hurrikan "Milton" den US-Staat Florida von West nach Ost. Seine Windgeschwindigkeit über dem Meer hatte in nur 24 Stunden von 130 km/h auf 282 km/h zugenommen. Damit war "Milton" einer der stärksten Stürme der letzten Jahre im Atlantik. Geschätzte Schäden nach ersten Erhebungen: nochmals mindestens etwa 50 Mrd. US-$; etwa zwei Millionen Einwohner Floridas waren vom Hurrikan betroffen. Ursache dieser immer intensiver werdenden Katastrophen ist allerdings nicht der menschgemachte Klimawandel allein, sondern beispielsweise eine Kombination mit dem alle paar Jahre für einige Monate auftretenden natürlichen Wetterphänomen El Nino. Man könnte die (ohnehin nicht vollständige) Katastrophen-Liste weiterführen (Ripple, 2024): Zwischen März und April 2024 tötete die extreme Hitze in einem großen Teil Nordafrikas und der Sahelzone Hunderte oder vielleicht sogar Tausende Menschen; im gleichen Zeitraum verloren in Ostafrika bei schweren Überschwemmungen erneut Hunderte ihr Leben; ausgedehnte Überschwemmungen im Süden Brasiliens verwüsteten 478 Städte, töteten 175 Personen und hinterließen Tausende Vermisste, Verletzte und Vertriebene. Enorme Schäden in hoher Milliardenhöhe verursachten ferner Ende Oktober 2024 heftige Starkregen und über die Ufer tretende Flüsse mit nachfolgenden folgenschweren Überschwemmungen im Süden und Osten Spaniens, vor allem in der spanischen Region Valencia. Allein am 29.10. fiel oberhalb von Valencia innerhalb von 24 Stunden örtlich 500 l/m2 Regen, fast so viel wie normalerweise in einem ganzen Jahr. Es wurden über 220 Tote gezählt, Hunderte von Menschen wurden vermisst, Tausende mussten ihr Heim verlassen.
Indien war von einer extremen Hitzewelle betroffen. Dort wurde Ende Mai 2024 in einem Vorort der Hauptstadt Delhi mit 52,3 °C im Schatten die höchste bisher im gesamten Land gemessene Temperatur registriert. In Delhi selbst kletterte das Thermometer bis auf 50,5 °C. Mitte Juli 2024 rollte eine Hitzewelle über Italien, Spanien und Griechenland und war Anlass für zahlreiche Waldbrände. An Istanbul ebenso wie in Athen stiegen die Höchsttemperaturen bis auf 43 °C. In Athen mussten deshalb die Akropolis und andere antike Bauwerke zeitweise für Besucher geschlossen werden, in Istanbul gab die Stadtverwaltung eine Hitzewarnung heraus (ähnlich wie in 17 größeren italienischen Städten) und verteilte kaltes Trinkwasser. Die heftigen Waldbrände in Nordkalifornien im Juli 2024 vernichteten allein in den ersten vier Tagen nach dem Ausbruch eine Fläche von über 1.450 km2, zerstörten mindestens 70 Gebäude und zwangen über 4.000 Menschen zur Flucht. Die Feuer waren zwar wahrscheinlich auf Brandstiftung zurückzuführen, wurden aber maßgeblich durch die örtlichen Rekordtemperaturen, die niedrige Luftfeuchtigkeit und die starken Winde angefacht und ausgeweitet. Eine der Folgen der Dürren war, dass der Rio Negro, einer der nördlichen Nebenflüsse des Amazonas, auf den niedrigsten Pegel seit etwa 100 Jahren sank. Dabei herrschte noch um 2021 bei Manaus Landunter durch weitreichende Überschwemmungen des Flusses. Sollte der Rio Negro gar austrocknen, wäre dies nicht nur eine ökologische Katastrophe, sondern das Transportwesen wäre gefährdet. Da es in der Region kaum gut ausgebaute größere Straßen gibt, ist der Transport von Gütern auf dem Fluss für die Bevölkerung überlebenswichtig.
Bedenklich ist, dass sich die Erderwärmung weiter fortsetzt - das Jahr 2024 wird global gesehen das bisher wärmste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn sein - und dass immer wieder neue (wenn auch vorerst noch kurzzeitige) Temperaturrekorde schon jetzt auftreten. Selbst erfahrene Klimaforscher gehen mittlerweile davon aus, dass sich die Welt bei einem "Weiter so" in Sachen Klimaschutz eher einer weltweiten Erwärmung von + 3 °C anstatt von + 2 °C - geschweige denn 1,5 °C - nähern wird. Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass der Klimawandel mit seinen Wirbelstürmen, Hitzewellen und Starkregen zwischen 2004 und 2023 maßgeblich zum Tod von über 570.000 Menschen beigetragen hat. Davon seien 2022 und 2023 zusammen in Europa mehr als 90.000 Personen infolge der Hitzewellen gestorben. Man darf allerdings davon ausgehen, dass ohne den Klimawandel die Hälfte dieser Menschen überlebt hätte. Doch die Extremwetterereignisse werden sich künftig häufen und noch intensiver ausfallen. Wir brauchen deswegen auf dieser Welt starke politische Führungen, die sich deutlich mehr als bisher für den Ersatz von fossilen Brenn- und Kraftstoffen durch erneuerbare Energien und für die Reduktion von Klimagasen einsetzen (es muss freilich auch die Bevölkerung mit den notwendigen Einschränkungen einverstanden sein). Blickt man aber beispielsweise auf die USA und den baldigen Präsidentenwechsel, besteht nur wenig Anlasse zu Optimismus. Denn allein mit der Finanzierung der immer wieder neuen erheblichen Klimawandelschäden, eines besseren Hochwasserschutzes, besserer Frühwarnsysteme oder Schutzdämmen ist es nicht getan. Der Fokus muss vielmehr auf der Eindämmung des Klimawandels liegen, d.h. auf der Beseitigung der Ursache, nicht auf der teuren Finanzierung der immensen Klimafolgenschäden.
Etwas mehr als die Hälfte der teilnehmenden Staaten hatten im Vorfeld der COP28 das Ende der Verwendung fossiler Energieträger gefordert, konnte sich aber nicht durchsetzen. So rief der lange und heiß diskutierte Abschlusstext der COP28 am 12.12.2023 nur zu einer eher unverbindlichen Abkehr von fossilen Brennstoffen auf. Dieser schwammige Begriff lässt viele Hintertürchen offen, vor allem die weitere Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Dass der damalige Konferenzpräsident Sultan Ahmed Al-Dschaber von einem historischen Dokument sprach, mag aus dessen Sicht nachvollziehbar sein, nicht aber die schön geredete Aussage der nach Dubai gereisten deutschen Außenministerin Annalena Baerbock und der deutschen Regierungsdelegation, dass "die Welt das Ende des fossilen Zeitalters" beschlossen habe. (Unverbindlicher ?) Beschluss vielleicht ja, aber tatsächlich unternommen wurde bisher viel zu wenig.
Für jeden neutralen Beobachter ist die Diskrepanz zwischen dem Hauptziel der UN-Klimakonferenzen, entscheidend zur Begrenzung der Erderwärmung beizutragen und den tatsächlich verabschiedeten, aber oft "diffusen" bzw. hinhaltenden Vereinbarungen groß. Im Grunde muss man froh sein, wenn die Weltklimakonferenzen nicht scheitern. Wie oft bei ihnen "getrickst" wird, zeigte sich auch wieder im Vorfeld der COP28 in Dubai. Rund 50 Ölkonzerne hatten vor Konferenzbeginn verlauten lassen und damit große Hoffnungen geschürt, dass sie "ungefähr" die Hälfte ihrer CO2-Emissionen bis 2050 einsparen "wollen". Als es dann um bindende Formulierungen ging, stellte sich heraus, dass die Ölfirmen nicht die beim Transport und vor allem bei der Verbrennung von Öl und Gas entstehenden enormen Klimagasmengen meinten, sondern lediglich die, die bei der Förderung der fossilen Brennstoffe entstehen ...
Mit einer fast schon vorhersehbaren Enttäuschung endete nach 35-stündiger Verlängerung auch die UN-Weltklimakonferenz COP29 in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, mit rund 40.000 Teilnehmern; manche Quellen sprachen auch von bis zu 60.000 Teilnehmern, darunter fast 2.000 Lobbyisten der Öl-und Gasindustrie. Nicht nur, dass beispielsweise wichtige Regierungschefs und auch die EU-Kommissionspräsidentin auf eine Teilnahme verzichteten, der argentinische Präsident seine Delegation von der COP29 abzog und der mit der Führung einer derart großen Konferenz unerfahrene aserbaidschanische Sitzungspräsident in seiner Eröffnungsrede Ölvorkommen als "Geschenk Gottes" bezeichnete, es kam auch zu chaotischen Sitzungen mit lautstarken Auseinandersetzungen und einem demonstrativem Auszug von Delegierten der Inselstaaten und der am wenigsten entwickelten Ländern. Beschämend vor allem die beschlossene Abschlusserklärung zum Haupttagungspunkt, der Aufstockung der Klima-Hilfszahlungen der Industriestaaten an ärmere Entwicklungsländer. Dazu muss man wissen, dass bisher bis Ende 2025 das Klimahilfen-Ziel von 100 Milliarden (Mrd.) US-$, vor rund 15 Jahren beschlossen, gilt, aber von den Industrieländern erst ein einziges Mal, und zwar im Jahr 2022, eingehalten wurde. Die Entwicklungsländer und UN-Experten hatten im Vorfeld berechnet, dass der Bedarf an externen Hilfen ab 2030 etwa 1.000 Mrd. US-$ jährlich betragen müsste, und sogar 1.300 Mrd. US-$ ab 2035. Beschlossen wurde jedoch am Schluss der COP29 in Baku nur eine Aufstockung der Klimahilfen von den genannten 100 Mrd. US-$ jährlich auf gerade mal 300 Mrd., zu zahlen spätestens 2035 und nicht schon ab 2030. Wer wie viel zahlt, wurde offen gelassen. Diese viel zu niedrige Summe ist in der Tat nur ein Minimalkonsens, da sonst die Baku-Konferenz vollends gescheitert wäre. Kein Wunder, dass die vom Klimawandel am meisten betroffenen Länder und Inseln mit ihren sehr geringen Treibhausgas-Emissionen sowie viele Klimaökonomen empört abreisten und die UN-Klimakonferenzen als falsches Format sehen. Ihre Forderung: "So darf es nicht weitergehen". .
Typisch für das meist halbherzige und fast schon beschämende Tun der Staatengemeinschaft war schon bei der COP26 in Glasgow folgende Begebenheit zu beobachten: Mia Mottley, die Premierministerin von Barbados, setzte einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 von 2 °C statt nur 1,5 °C (siehe Kapitel 6) einem Todesurteil für die Menschen auf zahlreichen Inselstaaten gleich. Denn spätestens die derzeitigen Kinder auf diesen meist sehr flachen Inseln werden ihre Heimat verlassen müssen; auf einigen erfolgten bereits Umsiedlungen in höhere Gebiete. Dabei muss man wissen, dass alle Inselstaaten der Erde zusammen nicht einmal für 1 % des jährlichen weltweiten menschgemachten (anthropogenen) Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich sind. Doch die mahnenden Aussagen von Frau Mottley wurden ignoriert.
Auf der gleichen 13-tägigen Mammut-Konferenz wurde trotz bekannter Fakten für das gemeinsame Abschlusskommuniqué der Teilnehmerländer über die Formulierung zum Punkt „gemeinsamer Kohleausstieg“ stundenlang kontrovers und heftig debattiert. Am Ende einigte man sich darauf - hauptsächlich auf Druck von Indien und China - im Abschlussprotokoll nicht den anfangs vorgesehenen Begriff phase-out (Ausstieg aus der Kohle bis 2030) zu verwenden, sondern das unverbindliche phase-down (langsame Reduzierung). Faktisch bedeutet dies nicht mehr den dringend erforderlichen Kohleausstieg, sondern nur noch den Abbau der Kohleförderung - sofern dieser jetzt stattfindet und nicht erst in 10 oder 20 Jahren. Wenigstens wurde in Glasgow - wenn auch nur auf dem Papier - den Zielen des früheren Pariser Klimaabkommens von 2015 ein Regelwerk gegeben und unter anderem beschlossen, bis 2030 die äußerst klimaschädigende Abholzung von Wäldern zu stoppen (siehe dazu Kapitel 12). 140 Staats- und Regierungschefs hatten sich dazu verpflichtet, vier weitere Länder kamen bis Mitte 2023 dazu. Mehr als 100 Länder versprachen außerdem in Glasgow, künftig weniger klimaschädliches Methan auszustoßen, immerhin ein kleiner Erfolg. Doch letztlich hakt es daran, dass die Maßnahmen (noch ?) viel zu schwach und Kontrollen und Sanktionen, so es sie ansatzweise überhaupt gibt, fehlen. Viele Politiker streiten das gar nicht ab. Deshalb forderte auch der deutsche Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck auf dem G7-Weltwirtschaftsforum im Mai 2022 in Davos beim Klimaschutz ein deutlich entschiedeneres politisches Handeln in den nächsten Jahren. "Das was wir tun", so Habeck, "ist viel zu wenig". Da hat er zweifellos Recht, doch er selbst musste sich in seiner Amtszeit nicht nur ein Mal von seinen eigenen früheren ehrgeizigen Klimaschutzplänen verabschieden.
Ungerecht ist, dass der afrikanische Kontinent trotz seines geringen ökologischen Fußabdrucks künftig noch stärker als bisher unter den Folgen des Klimawandels, wie Überschwemmungen, Dürren, Bränden, Krankheiten oder Wüstenbildung, leiden wird (Bild 1).
Was weniger bekannt ist: Bei den internationalen UN-Klimaschutzgipfeln geht es zwar um gemeinsame Ziele und Regeln zum Schutz des Klimas, doch die tatsächliche Umsetzung ist dann nicht mehr Sache der Klimakonferenzen, sondern ausschließlich Angelegenheit der Regierungen der Vertragsstaaten.
Das CO2-Restbudget
Seit über 30 Jahren gibt es bereits eine internationale Klimapolitik, wie erwähnt allerdings meist nur mit wenig ambitionierten gemeinsamen Abschlussvereinbarungen. Sehr viel Zeit verbleibt nicht mehr. Wenn sich die Welt nach dem Pariser Klimaschutzgipfel 2015 (COP21) tatsächlich nicht mehr als um 2 °C, wenn möglich sogar nur um 1,5 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit erwärmen soll, dann dürfen zwischen Januar 2020 und 2030 bei +1,5 °C Erderwärmung bis Ende dieses Jahrhunderts weltweit höchstens noch etwa 420 Milliarden Tonnen gasförmiges Kohlendioxid (420 Mrd. t CO2) in die Atmosphäre abgegeben werden. Dies wird globales CO2-Restbudget genannt (CO2 ist das wichtigste Klimagas, siehe Kapitel 4). Das Budget gibt somit an, wieviel CO2 die Menschheit noch ausstoßen darf, ohne dass ein bestimmter Temperaturanstieg mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit überschritten wird. Daraus lässt sich pro Kopf der Bevölkerung leicht errechnen, wie viel die einzelnen Staaten und sogar einzelne Großstädte höchstens noch emittieren dürfen, um die weltweite mittlere Erwärmung von 1,5 °C (bzw. 2 °C) nicht zu überschreiten. Doch drei Jahre später waren diese Prognosen schon wieder veraltet. Die Weltwetter-Organisation WMO gab in ihrem Bericht von Mitte Mai 2023 bekannt, dass das CO2-Restbudget auf etwa 250 Mrd. t geschrumpft ist und deshalb bereits in wenigen Jahren ganz erschöpft sein wird. Leider sieht es aktuell auch so aus. Denn um das (viel zu ambitionierte) 1,5 °C-Ziel entgegen allen wissenschaftlichen Erkenntnissen doch noch zu schaffen, müsste die Welt schon 2035 konsequent Netto-Null-Emissionen erreichen, 10 Jahre früher als z.B. Deutschland sich laut Klimaschutzgesetz vorgenommen hat. Das Bundeslande Bayern möchte sogar schon 2040 klimaneutral sein. Beides scheint aus heutiger Sicht ein Wunschtraum zu sein.
Im Kalenderjahr 2020 wurden weltweit fast 36 Mrd. t CO2 ausgestoßen (davon in Deutschland 0,64 Mrd. t CO2, d.h. rund 2 % der globalen CO2-Emission), 2021 waren es knapp 38 Mrd. t, 2022 mit 38,5 Mrd. t geringfügig mehr und 2023 39 Mrd. t (alle Angaben lt. EDGAR, 2024). In 2022 hatten nur die Auswirkungen der Energiekrise eine höhere Emission verhindert. Im Sektor Strom- und Wärmeerzeugung sind im Jahr 2022 die Emissionen wegen des Wechsels von Gas zu Kohle mit 14,6 Mrd. t CO2 um 1,8 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 15,5 Mrd. t CO2 wurden nur durch die weltweite Kohleverbrennung freigesetzt - so viel wie nie zuvor. Über die Hälfte des Kohleverbrauchs entfiel auf China, obwohl dort die strenge Corona-Politik in 2022 dämpfend auf die Kohlenachfrage gewirkt hat. Das Jahr 2020 war das erste und bisher zugleich auch das einzige Jahr, in dem die globalen Emissionen leicht zurückgingen - aber nur wegen der weltweiten Corona-Beschränkungen und nicht etwa durch gezielte Emissionsreduzierungs-Maßnahmen der Länder.
Wie schwierig angekündigte Klimaziele letztlich zu erreichen sind, zeigt sich schon daran, dass die USA unter der Biden-Regierung als einer der größten CO2-Emittenten und als großes Industrieland schon Ende 2021 ihr rechnerisches CO2-Budget ausgeschöpft hatten. Somit dürfte das Land eigentlich schon seit Anfang 2022 keine klimaschädlichen Gase mehr ausstoßen. Ähnliches trifft aber auch auf Kanada, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zu, während Deutschland für eine 1,5 °C-Erwärmungsgrenze noch ein paar Jahre Zeit hätte - China bis 2030 und die EU möglicherweise sogar bis 2033. Nur bevölkerungsreiche Länder mit gleichzeitig geringen CO2-Emissionen haben noch mehr Zeit.
Genaueren Berechnungen zufolge liegt die Welt derzeit für 2100 auf einem 2,7 bis 3 °C-Kurs. Sollten wir bei + 3 °C globalem Mittelwert landen, würde die Temperatur in einigen Regionen Deutschlands sogar um + 5 bis + 6 °C steigen - mit derzeit noch nicht absehbaren negativen Konsequenzen für Mensch und Natur (siehe Kapitel 7). Es sei hier allerdings eingeräumt, dass sich bei der Vielzahl der publizierten Studien der verschiedenen Stellen und Organisationen im In- und Ausland die Ergebnisse unterschiedlich ausfallen können, schon deshalb, weil unterschiedliche Szenarien vorausgesetzt werden (siehe Anmerkung auf der Startseite). Doch aktuelle Mess- und Rechendaten bestätigen heute, das die früheren Langzeitprognosen eher zu vorsichtig getroffen wurden. So gab der europäische Klimadienst Copernicus in seinem 2023 veröffentlichten Bericht bekannt, dass der Sommer des Jahres 2022 in Europa mit 1,4 °C über dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 der wärmste seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen war. Das gesamte Jahr 2022 war mit 0,9 °C über dem Temperaturdurchschnitt im gleichen Zeitraum das zweitwärmste nach 2020. Mit durchschnittlichen + 6,4 °C waren die Sommermonate Juli bis September 2023 ausgerechnet in der Arktis die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Seriöse Prognosen zeigen, dass sich die Zahl der Hitzetoden in Europa bis zum Jahr 2100 verdreifachen könnte. Die Ursachen: immer noch heißere Sommer und zugleich eine zunehmend alternde Bevölkerung. Deshalb müssen die schädlichen Klima-Emissionen so rasch wie möglich sinken. Interessant ist: Allein der weitere weltweite massive Verbrauch an Nahrungsmitteln dürfte nach einer aktuellen Studie bis zum Jahr 2100 bereits die 1,5 °C-Marke reißen; es wäre keine Überraschung, wenn selbst die 2 °C-Erwärmung überschritten wird. Um nicht missverstanden zu werden - einzig durch die Ernährung der nach wie vor wachsenden Weltbevölkerung, wobei der Fleischverzehr den größten Einfluss hat. "Wir fressen das Klima", so titelte im März 2023 die Website klimareporter.de einen aufrüttelnden Kommentar zu diesem Aspekt. Schon heute haben sich nach dem 1990 erschienenen ersten umfangreichen Teil des Sachstandberichts des 1988 gegründeten Weltklimarats IPCC die Landflächen im Mittel um 1,6 °C und die Meerestemperaturen (die Geschwindigkeit der Ozeanerwärmung hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten verdoppelt) um durchschnittlich 0,9 °C erwärmt (IPCC = Intergovernmental Panel on Climate Change; deutsch: Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen; der IPCC erarbeitet für die UN wissenschaftliche Einschätzungen zum Klimawandel mit entsprechenden Handlungsvorschlägen; er stellt selbst keine eigenen Forschungen an, sondern sammelt und bewertet Tausende veröffentlichter Arbeiten; im März 2023 hatte er seinen 6. Bericht als Synthesebericht veröffentlicht). Die Temperaturen in den Polarregionen steigen sogar mehr als doppelt so schnell wie in den Gebieten der niedrigeren Breitengrade. Schon 2030, und nicht erst 2100, gilt nach dem IPCC bei der momentanen Entwicklung eine dauerhafte globale Erderwärmung, also Land- und Meeresflächen zusammengerechnet, von dauerhaft + 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau als sicher. Dies zeigt, wie knapp die Zeit zum Handeln ist. Wir nähern uns in der Tat einer Notsituation.
Doch mit dem brutalen militärischen Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 steht der Klimaschutz leider nicht mehr an erster Stelle der Liste unserer gegenwärtigen Krisen. Um von den früheren massiven Öl- und Gaslieferungen Russlands an Deutschland und andere EU-Staaten unabhängig zu werden und auch wegen der angestiegenen Preise für Öl, Gas und Elektrizität, gewann Strom aus der billigeren, aber klimaschädlichen Kohle wieder an Bedeutung, was natürlich den CO2-Ausstoß weiter ansteigen ließ. Durch die veränderte politische Lage ergaben sich neue Fragen: Was ist, wenn Russland wegen der dort zurückgehenden Gasverkäufe an die EU-Länder noch mehr als bisher überflüssiges Gas einfach abfackelt und so das Klima zusätzlich stark belastet? Schon jetzt wird geschätzt, dass jährlich weltweit rund 150 Mrd. m3 Gas durch Abfackeln vernichtet wird; dies ist etwa so viel wie Deutschland derzeit in einem Jahr an Erdgas verbraucht.
Die Bevölkerung (nicht nur die deutsche) leidet unter den stark (und offensichtlich doch noch nicht ausreichend genug) angestiegenen Energiepreisen und versucht deshalb, Energiekosten im privaten Bereich durch Sparmaßnahmen in Grenzen zu halten. Zumindest dies kommt dem Klima zugute. Denn beispielsweise vermindert jeder einzelne Liter durch eine geringere Fahrtgeschwindigkeit oder durch verbrauchsoptimierte Fahrweise oder einfach durch Stehenlassen des Autos weniger verbrauchten Kraftstoff den CO2-Ausstoß bei Diesel um 2,65 kg (Benzin: 2,33 kg/l). Jeder Liter weniger Verbrauch an leichtem Heizöl bedeutet ebenfalls 2,65 kg weniger CO2 und jeder Kubikmeter weniger Erdgas für die Heizung 2 kg weniger CO2. Dies zeigt Möglichkeiten für den Klimaschutz auf.
Die Auswirkung möchte ich an einem einfachen Zahlenbeispiel aus dem Kfz-Bereich aufzeigen. Geht man davon aus, dass in Deutschland zurzeit rund 50 Millionen Verbrenner-PKWs zugelassen sind und setzt man ferner voraus, dass jedes dieser Fahrzeuge künftig jede Woche lediglich 1 l Kraftstoff weniger verbraucht, würde allein dies eine jährliche CO2-Minderung von ungefähr 6,25 Mio. t bedeuten. Bezogen auf die gesamte deutsche CO2-Emission aus allen Sektoren von 583 Mio. t im Jahr 2023 entspricht dies 1 % (2021 stieß Deutschland 679 Mio. t CO2 aus und 2022 666 Mio. t; alle Angaben nach UBA von März 2024). Dies mag auf den ersten Blick kaum erwähnenswert erscheinen, aber jedes einzelne Prozent weniger CO2-Ausstoß hilft dem Klima enorm. Leider gab es nach einem deutlichen Rückgang der Treibhausgas-Emissionen im ersten Corona-Jahr 2020 im Jahr danach in Deutschland wieder Emissionssteigerungen in fast allen Bereichen, wegen des erhöhten Kohleeinsatzes vor allem im Sektor Energiewirtschaft (+ 12,4 % gegenüber 2020), der für etwa 30 % sämtlicher deutscher Treibhausgas-Emissionen verantwortlich ist.
Man kann es wirklich nicht oft genug sagen, die Zeit drängt, denn mit jedem weiteren Jahr bis zum Wirken effizienter Treibhausgas-Reduktionsmaßnahmen erhöht sich in der noch verbleibenden Zeit die erforderliche jährliche Reduzierung der Treibhausgase. Umso mehr Anstrengungen sind dann nötig, um die Zielverfehlungen wieder auszugleichen. In Deutschland waren z.B. 2022 mit rund 750 Mio. t (2023: ca. 682 Mio. t) die gesamten Treibhausgas-Emissionen, also neben CO2 auch Methan, Lachgas und die F-Gase (siehe Kapitel 3), mit 1,3 % (= 9,6 Mio. t) gegenüber 2021 leicht gesunken, doch die (schwachen und deshalb nicht überzeugenden) Ziele der Bundesregierung wurden trotzdem wieder verfehlt. Um die Emissions-Zielwerte für 2030 noch zu erreichen, müssen nun jährlich rund 6 % Emissionen eingespart werden.
Dass der fehlende deutsche Klimaschutz aus dem Sektor Verkehr dem Steuerzahlen Kosten in Milliardenhöhe bescheren könnte, ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt. So hat Transport & Environment (T&E) im Juni 2024 bekannt gegeben, dass die Bundesregierung bis zu 16,2 Mrd. € für Emissionszertifikate aufwenden müsste, wenn sie auf aktuellem Kurs bleiben soll (T&E, Pressemitteilung vom 20.6.2024). Sehr viel ist vor allem angesichts des aktuellen gewaltigen Lochs im Bundeshaushalt für 2025 leider nicht geschehen.
Der globale Ausstoß von CO2 durch die Verbrennung fossiler Stoffe nahm (nach EDGAR 2023; EDGAR = Emissions Database for Global Atmospheric Research der European Commission) in den Jahren 2021, 2022 und 2023 im Vergleich zu den Vorjahren jeweils leicht zu. Besorgniserregend sind vor allem die seit mehreren Jahren zunehmenden Methan-Emissionen, vor allem die der Länder mit intensiver Landwirtschaft. Beispiel Brasilien: dort entfiel knapp 50 % der 1,3 Mrd. t Treibhausgase des Landes auf Methan, auf CO2 dagegen nur 37 % (EDGAR 2024). Trotz des normalerweise für Abkühlung sorgenden Klimaphänomens La Niňa, das zwischen 2020 und 2022 wirkte, schritt die Erderwärmung weiter voran und machte beispielsweise das Jahr 2021 zum sechstheißesten seit 1900. Durch das Schwesterphänomen El Niňo, eine unregelmäßige und anomale Erwärmung des tropischen Pazifiks, wurde es ohnehin überall wärmer. Um einen deutlich höheren Anstieg als + 1,5 °C bis 2100 zu vermeiden, müssten die weltweiten CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 48 % gegenüber dem Stand von 2019 sinken. Selbst bei einer Erwärmung von + 2 °C müssen laut IPCC von März 2023 die Emissionen bis 2040 halbiert werden und bis 2070 auf Netto-Null sinken. Beides sind äußerst ehrgeizige Herausforderungen.
Die Politik hinkt beim Klimawandel den jahrelangen mahnenden Aussagen der Klimaforscher nach wie vor deutlich hinterher. Dabei kam es schon ab 1750 nach Aussage des IPCC zu ersten Anzeichen einer Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre. Jahrzehnte sind bereits verstrichen, seit Klimaexperten anfingen, immer wieder besorgt auf das Risiko und die Konsequenzen einer übermäßigen Erderwärmung hinzuweisen. Der IPCC hatte schon in seinem ersten Bericht im Jahr 1990 eindringlich vor den Folgen des Klimawandels gewarnt. Heute ist deutlich, dass die Forscher in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren keineswegs übertrieben, sondern mit ihren Prognosen mit Rücksicht auf die Öffentlichkeit eher noch vorsichtig waren. Mittlerweile sind die ersten Vorhersagen der Wissenschaftler von damals bittere Realität geworden, viele wurden sogar übertroffen. Hätten die Regierungen der Länder schon früher ernsthafte CO2-Minderungen eingeleitet, wäre das globale 1,5 °C-Ziel vielleicht noch einzuhalten gewesen. Denn rund die Hälfte der von der Menschheit seit 1850 produzierten CO2-Menge wurde erst nach 1990 emittiert, etwa ein Fünftel sogar erst seit dem Jahr 2009.
Befürworter, Gleichgültige und Gegner des Klimawandels
Der Klimawandel ist heute alltägliches Top-Thema in allen Medien. Doch noch vor etwa 10 - 15 Jahren war die Situation in der Öffentlichkeit von breitem Desinteresse geprägt. Folgende Beispiele habe ich selbst erlebt:
→ Renommierte überregionale Tageszeitungen boten damals Klimaskeptikern, Klimaleugnern und den sogenannten Querdenkern durch die häufige Verbreitung ihrer obskuren Vorstellungen jahrelang ein Podium, das einen großen Teil der Leserschaft verunsicherte und möglicherweise sogar zu neuen Klimawandel-Skeptikern machte. Meine Bemühungen, Redaktionen und die Leserschaft durch Leserbriefe auf die tatsächlichen Fakten hinzuweisen, waren wenig erfolgreich: Die Zuschriften wurden nur stark gekürzt oder überhaupt nicht abgedruckt.
→ Als ich im Jahr 2011 einen Einladungsvortrag zum Thema „Müssen wir uns über unser Klima sorgen?“ hielt, zeigte sich auffälliges Desinteresse: Im Vortragsraum saßen gerade mal vier Zuhörer.
→ Im Herbst 2015 kündigte eine Volkshochschule in ihrem Programm meinen zweiteiligen Kurs „Der Klimawandel – echte Bedrohung der Menschheit oder übertriebene Panikmache?“ an. Die Veranstaltung musste abgesagt werden, nachdem sich dafür nur zwei Personen eingeschrieben hatten.
Erst mit der Gründung von „Fridays for Future“ im August 2018 durch die schwedische Schülerin Greta Thunberg - sie relativierte im Herbst 2023 die Verbrechen der Hamas in Israel, rief zu Anti-Israeldemonstrationen auf und steht seitdem massiv in der Kritik - begann ein längst fälliger Denkprozess (Bild 2). Die soziale Jugendbewegung macht sich zwar mit ihren Forderungen zum Stopp der Erderwärmung nicht nur Freunde, weil bei ihr oft die ökonomische Konsequenz, z.B. der Verlust von Arbeitsplätzen, zu wenig Beachtung findet. Doch ihr Einsatz, Mut und Durchhaltevermögen verdient Achtung und Bewunderung. Denn die Aktionen von mehreren Klima-Bewegungen haben in der Öffentlichkeit durchaus ein Umdenken bzw. wenigstens ein Nachdenken bewirkt und sie für das Klimathema sensibilisiert. Teilweise noch im Teenager-Alter dürften die meisten Aktivisten und ihre Sympathisanten meiner Ansicht nach zwar die überaus komplexen physikalischen und chemischen Zusammenhänge unseres Klimasystems kaum vollständig verstehen, aber sie ahnen sehr wohl, wie real und nahe die Bedrohung ihrer eigenen Zukunft geworden ist. Ihre ständige Forderung, wissenschaftliche Fakten endlich anzuerkennen und diesen entsprechende Taten folgen zu lassen, ist nicht nur berechtigt, sondern längst überfällig. Wenn man Emissionsdaten vergleicht, wird man feststellen, dass die globalen Treibhausgas-Emissionen trotz aller Appelle und Warnungen der Wissenschaftler zwischen 1990 und 2023 keineswegs abgenommen haben oder wenigstens gleich blieben, sondern um 62 % zunahmen. Da ist es zumindest ein "Fingerzeig", dass Deutschland im gleichen Zeitraum seine Treibhausgas-Emissionen in allen Sektoren um 45 % reduzieren konnte (EDGAR, 2024). Das zeigt den noch skeptischen Ländern dieser Welt deutlich, dass Einsparungsmaßnahmen bei den Emissionen nicht umsonst sind.
Nicht zu Unrecht warnte die Klimaaktivistin Aimée van Baalen von der Bewegung „Last Generation“ auf Einladung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Delegierten im November 2022 in Magdeburg mit folgenden Worten: „Beim Klimaschutz genügt es nicht, möglichst viel zu tun. Erst wenn wir tatsächlich genug tun, um die Klimakipppunkte nicht zu überschreiten, sind wir sicher. Anderenfalls setzen wir eine Abwärtsspirale in Gang, es kommt zu unaufhaltsamen Kettenreaktionen, die die Erderwärmung unkontrollierbar verstärken. Die dadurch ausgelösten Umweltveränderungen werden die Menschheit über Generationen, wenn nicht sogar Jahrtausende nicht mehr in den Griff bekommen“ (Van Baalen, 2022).
Zahlreiche Zweifler, Egoisten, Querdenker, Mitglieder und Funktionäre der AfD, der frühere und ab 2025 neue US-Präsident Trump und sogar Lobbyvereine von Klimaleugnern bestreiten erstaunlicherweise noch immer, dass der Klimawandel fast vollständig von Menschen verursacht wird. Nicht selten wird sogar infrage gestellt, dass er überhaupt stattfindet - etwa mit dem Argument, es habe ja im letzten oder vorletzten Winter viel geschneit. Leider lassen sich diese Personen nicht einmal durch grundlegende physikalische und chemische Fakten überzeugen, ignorieren die wissenschaftlichen Erkenntnisse und basteln sich aus zufällig passenden Beobachtungen ihr eigenes Klimasystem zusammen. Sie unterscheiden vor allem nicht zwischen den Auslösern der früheren natürlichen Klimaveränderungen, bei denen die Menschheit noch gar nicht existierte, und den Ursachen des jetzigen anthropogenen Klimawandels als Folge der massiven fossilen Energienutzung. Der durch diese Anti-Haltung entstandene Schaden ist beträchtlich, hat er doch die wichtige Klimapolitik um viele Jahre verzögert.
Doch nicht nur Politiker, Privatpersonen oder Verbände zählen zu den Klimaleugnern, sondern große Energiekonzerne wie z.B. der US-amerikanische Ölriese ExxonMobil (Otto, 2019, Latif, 2020). Dem Unternehmen war nämlich schon in den 1970er-Jahren sehr genau bekannt, dass es mitverantwortlich für den zu erwartenden Klimaverlauf ist. Trotzdem behauptete es - wahrheitswidrig - immer wieder, dass ein menschgemachter (anthropogener) Klimawandel wissenschaftlich nicht zu beweisen ist und unterband so den Beginn rechtzeitiger Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung. Deshalb wurde ExxonMobil im Oktober 2018 als größter börsennotierter Ölkonzern der Welt von der New Yorker Staatsanwaltschaft angeklagt, weil er die Weltöffentlichkeit und Anleger über Jahrzehnte hinweg bewusst getäuscht hat (mehr zu Klimaklagen in Kapitel 16). Dabei hatte das Unternehmen intern selbst die Forschungen über die Folgen des Klimawandels vorangetrieben, nach außen hin leugnete es trotzdem die Zusammenhänge. Etwa 20 Jahre lang schaltete ExxonMobil in der New York Times Woche für Woche großformatige Anzeigen contra Klimawandel, in denen es von Begriffen wie Wissenslücken, hoher Grad an Unsicherheit, unbewiesene Theorien usw. nur so wimmelte. Erst 2006 änderte der Konzern mit seinem neuen Geschäftsführer auf Druck der Anleger und der Öffentlichkeit endlich seine Klimapolitik, beendete Zuwendungen an klimaskeptische Denkfabriken, investierte in ökologische Projekte und schlug sogar eine CO2-Steuer vor.
Ende Dezember 2022 machte ExxonMobil erneut von sich reden, als es vor dem EU-Gericht in Luxemburg (EuG) Klage gegen die EU erhob. Das US-Unternehmen wehrt sich gegen die Absicht der EU, besonders hohe Gewinne abzuschöpfen, die bei Öl- und Gasunternehmen wegen der Energiekrise angefallen sind. Mehr zum Thema "Recht und Klimaschutz" liest man in Kapitel 16.
Bei der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai war auch der Chef von ExxonMobil unter den Teilnehmern, als nur einer unter rund 2.400 zugelassenen Klima-Skeptikern. Zu ihnen muss auch der Präsident von COP28 und Chef des Ölkonzern Adnoc, Al-Dschaber, gezählt werden, ebenso wie der russische Präsident Putin, der während der COP28 im benachbarten Emirat Abu Dhabi versuchte, den Ausstieg aus den fossilen Energien zu verhindern.
Ziele von klimawandel-report.com
Mit www.klimawandel-report.com möchte ich mit den immer noch kursierenden Missverständnissen und Falschmeldungen aufräumen und die Besucher mit den Tatsachen des Klimawandels und seiner Folgen vertraut machen. Panik auslösen will ich jedoch trotz aller Skepsis über das Erreichen der Pariser Klimaziele nicht. Ich denke, dass mit dieser Website das Verständnis gegenüber den auf uns zukommenden unpopulären Maßnahmen zum Klimaschutz, wie z.B. die jährliche Erhöhung des CO2-Preises, zunehmen wird (siehe Kapitel 13). Ich positioniere mich zwischen den Klimaforschern mit ihrem großen Expertenwissen und modernsten Klima- Berechnungsmethoden, aber für die Öffentlichkeit nicht immer verständlichen Fachveröffentlichungen und jenen Journalisten und TV- und Radiomoderatoren, die den Klimawandel in ihren Sendungen thematisieren, selbst aber keine Klima-Experten sind. Dazu ein anschauliches Beispiel dafür, wie schnell die Öffentlichkeit durch eine zu oberflächliche, missverständliche oder falsche Berichterstattung getäuscht wird: Eine bekannte auflagenstarke süddeutsche Tageszeitung vermeldete im März 2023, dass die Verbrennung von E-Treibstoffen (E-Fuels, synthetische Treibstoffe) in Verbrennungsmotoren genauso viel umweltschädliche Abgase erzeugt wie die Verbrennung von fossilen Kraftstoffen. Es stimmt zwar, dass auch E-Kraftstoffe wie E-Diesel und E-Benzin bei der motorischen Verbrennung das klimaschädliche Kohlendioxid (CO2) erzeugen, allerdings, und dies ist der entscheidende Unterschied, nur so viel, wie bei ihrer Herstellung aus der Luft (oder direkt aus Industrieabgasen) aufgenommen wurde. Somit wird kein neues CO2 frei. Deswegen gelten E-Fuels als klimaneutral, ganz im Gegensatz zu Öl, Diesel oder Benzin. Mein auf den Fehler aufmerksam machender Leserbrief dazu an die Redaktion wurde nicht abgedruckt und ein etwas später an die Chefredaktion gerichtetes Schreiben nicht beantwortet.
Sachlich und ohne Schlagwörter und Worthülsen will ich die Klimawandel-Verharmloser und -Skeptiker zum Nachdenken bringen. Bewusst verzichte ich auf die Wiedergabe von oft gezeigten aufrüttelnden, inzwischen aber fast schon abstumpfenden Fotos. Also keine Bilder von Eisbären, die auf einer winzigen Eisscholle im sonst weitgehend eisfreien Nordmeer treiben, keine wasserumspülten Häuser und Touristik-Hotels in Ufernähe, die durch den ansteigenden Meeresspiegel im Wasser stehen und verlassen wurden, keine der über 60.000 bei den verheerenden Buschbränden in Südost-Australien zwischen Ende 2019 bis zum Frühjahr 2020 ums Leben gekommenen, schwer verletzten oder vertriebenen Koalas (insgesamt sollen in Australien rund 3 Milliarden Tiere getötet oder vertrieben worden sein), keine absterbenden Korallenlandschaften, keine toten Fische, die sich nicht rechtzeitig an die schleichende Wasserversauerung und die höheren Meerestemperaturen anpassen konnten.
Ich wünsche, dass meine Darstellung durch die Vermittlung von Fachwissen gleichzeitig dazu beiträgt, mehr Neugier und Interesse zu wecken und damit den menschgemachten Klimawandel besser zu verstehen und letztlich als Tatsache zu akzeptieren. Die Diskrepanz, vor der wir stehen, ist enorm. Auf der einen Seite darf bis zur Durchführung (mit einem Beschluss allein ist es nicht getan, noch weniger mit einer Vorlage oder einem Vorschlag) effizienter Emissionsreduzierungen keine Zeit mehr verstreichen, auf der anderen Seite sehe ich derzeit immer noch enorme Vorbehalte (siehe das Kapitel "Epilog" nach Kapitel 16). Es wird endlich Zeit, die mitunter sehr beunruhigenden Aussagen der Klimaforscher nicht mehr als unglaubwürdig und ihre Schlussfolgerungen als falsch oder als Panikmache anzusehen. Ein Beispiel, welche Folgen eine derartige Haltung haben kann, sehe ich in der verheerenden Megaflut-Katastrophe im Juli 2021 im Westen Deutschlands an der Ahr und der Erft mit über 180 Toten, Hunderten von Verletzten und Schäden in Milliardenhöhe. Denn der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte damals bereits in den Tagen vor der Flut deutliche Hochwasserwarnungen ausgesprochen, aber die Warnungen der Meteorologen wurden nicht ernst genommen, missverstanden, nicht geglaubt oder nicht schnell genug an die zuständigen Krisen- und Katastrophenstellen weitergeleitet. Schäden ganz anderen Ausmaßes richtete im Sommer 2022 der ungewöhnlich starke Monsunregen im südasiatischen Pakistan an. Er setzte etwa ein Viertel der Landesfläche unter Wasser und verursachte fast 1.400 Todesfälle. Dies ist aber erst der Beginn ...
Ein typisches Beispiel für die mitunter geringe oder fehlende Bereitschaft von Menschen, Unangenehmes zu akzeptieren und sich bei weltweiten Problemen solidarisch zu zeigen, erkennt man in der anfangs mäßigen Impfbereitschaft weiter Bevölkerungsschichten in Deutschland während der Covid-19-Pandemie ab Mitte 2021 und an den vielen Demonstrationen von Impfverweigerern, die ihren Verdruss überdeutlich artikulierten. Viele Menschen nahmen es offensichtlich recht gelassen hin, dass im Zusammenhang mit Covid-19 allein bis Ende April 2022 weltweit über sechs Millionen Menschen starben. Wenn jedoch die Erderwärmung nicht gestoppt wird, drohen ganz andere Todeszahlen. Es könnte zu gewaltigen Migrationsbewegungen und zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit Klimaflüchtlingen kommen, die ihre unbewohnbar gewordene Heimat verlassen müssen und gezwungen sind, woanders sicheren Lebensraum zu finden. Vorsichtigen Abschätzungen zufolge könnten dies bis 2050 schon über 200 Millionen Menschen sein. Und es gibt noch eine weitere Folge: Der Hunger in der Welt wird weiter zunehmen. Schon im Frühsommer 2022 litten nach einer Schätzung der Welthungerhilfe WHO über 800 Millionen Menschen an Hunger, unter anderem auch wegen des Kriegs in der Ukraine. Dies bedeutet, dass schon heute jeder Zehnte der Weltbevölkerung nicht ausreichend zum Essen hat.
An unsere Enkel denken: was wir heute im Überfluss verbrauchen, wird in Zukunft fehlen
Rechtzeitige und weltweit abgestimmte Maßnahmen zur Vermeidung einer echten Klimakatastrophe und nicht nur einer Klimakrise sind deshalb die weitaus besseren und aus meiner Sicht die einzig denkbaren Alternativen, auch wenn sie - leider - drakonisch ausfallen müssen. Denn nur ein bisschen langsamer und etwas weniger Autofahren, nur weniger Urlaubsflüge, nur die Anschaffung eines E-Autos anstelle eines Verbrenners, nur etwas reduzierter Fleischverzehr, nur eine bessere Häuserisolierung, nur mehr Photovoltaikanlagen auf den Dächern und nur mehr Windkraftanlagen im Land und auf See wird nicht ausreichen – vielmehr muss vieles gleichzeitig passieren (siehe Kapitel 13). Doch ein noch so starker Ausbau von Wind- und Solaranlagen (zumindest in Deutschland) reicht deswegen nicht aus, weil bei Windstille bzw. im Winter nicht genügend Strom erzeugt wird, also nach wie vor zusätzliche Backup-Gaskraftwerke benötigt werden. Erdgas, egal ob gasförmig oder flüssig, ist aber alles andere als ein umweltfreundlicher Energieträger. Bei seiner Verbrennung entstehen im Vergleich zur Erdölverbrennung bestenfalls 20 % weniger Kohlendioxid. Vor allem wird stark klimaschädliches Methan freigesetzt, das den Treibhauseffekt und damit die Erderwärmung verstärkt. Dazu kommt, dass Methan nicht erst bei der Verbrennung von Erdgas in die Luft gelangt, sondern schon bei der Herstellung, dem Transport und der Lagerung vor Ort. Ein möglichst schneller Umstieg auf grünen Wasserstoff ist deshalb für mich unerlässlich, auch wenn er wegen der derzeitigen geringen Produktionsmenge noch relativ teuer und seine Herstellung extrem energieaufwändig ist.
Ich baue darauf, dass Menschen im Kollegen-, Bekannten- und Freundeskreis die Erderwärmung künftig öfters in den Mittelpunkt ihrer Gespräche stellen. Ich wünsche mir, dass Eltern und Großeltern, auch wenn sie - wie ich selbst - die Auswirkungen der Klimakrise aus Altersgründen nicht mehr selbst erleben werden, das erworbene Wissen in ihren Worten an ihre Kinder und Enkel weitergeben (siehe Startseite). Ich wünsche mir auch, dass Lehrer und Dozenten www.klimawandel-report.com und andere ähnliche Websiten für ihren Unterricht nutzen. Die Bevölkerung muss bei künftigen Wahlen besser darauf achten, dass ihren Volksvertretern der Klimaschutz ein echtes Anliegen ist. Bloße Alibi-Aussagen durch Politiker sind nicht hilfreich. Es ist außerdem Zeit, ein eigenes Unterrichts- bzw. Studienfach „Klimawandel“ an den Schulen und Universitäten zu etablieren. Nur dann kann bei den kommenden Generationen frühzeitig ein solides Klimabewusstsein und ein Verständnis für die Maßnahmen zum Klimaschutz entstehen.
Fazit
Eines ist klar: Einen weiteren Anstieg der Temperaturen wird die Erde als einziger bewohnter Planet unseres Sonnensystems mit Sicherheit überstehen, was sie in ihrer frühen Geschichte wiederholt bewiesen hat (siehe Kapitel 5). Doch diesmal geht es darum, zu prognostizieren, wie schwerwiegend die Langzeit-Auswirkungen auf die Menschheit und auf die Natur auf unserem massiv übervölkerten Planeten sein werden. Solange die Erde nur mäßig besiedelt und ohne Industrie war, blieb umweltwidriges Verhalten ohne spürbare Auswirkungen. Heute, bei acht Milliarden Menschen mit zunehmender Tendenz, globaler Industrialisierung, intensiver Energie- und Landwirtschaft und unserer Art zu leben und unsere Freizeit zu verbringen, gilt dies nicht mehr. Gefragt sind vielmehr Genügsamkeit und ein Abschied vom ständigen Wachstumsstreben der Gesellschaft - und zwar weltweit. Handeln wir doch unseren Kindern und Enkeln zuliebe, Allerdings darf bis zum Umsetzen wirksamer Maßnahmen durch die Weltengemeinschaft nicht mehr viel Zeit verstreichen.
Leider wird uns Menschen durch die seit mehreren Jahren anhaltende Mehrfachkrise sehr viel zugemutet - fortschreitender Artenschwund, Arbeitslosigkeit, Wohnungsknappheit, Inflations- und Zukunftsängste, finanzielle Sorgen vor allem im Alter, Hungerkrisen in vielen Ländern, umstrittene Corona-Politik, ins Stocken geratene Globalisierung, Lieferketten-Unterbrechungen, brutale Kriege in der Ukraine und seit Herbst 2023 im Gaza-Streifen. Nicht wenige von uns geraten dadurch von einem Erschöpfungszustand in den nächsten - oder werden zum Selbstschutz einfach gleichgültig.
So hart es sich anhört, die Klimafrage tangiert uns vor allen anderen weltweiten Krisen am meisten. Sie könnte zur Überlebensfrage der Menschheit werden.
Horst Köhler, Friedberg
Online am 25. April 2022; erfolgte Aktualisierungen am: 10.9.2022, 28.10.2022, 20.11.2022, 1.2.2023, 22.3.2023, 24.4.2023, 15.6.2023, 10.8.2023, 20.10.2023, 23.11.2023, 14.12.2023, 16.3.2024, 15.7.2024, 10.9.2024, 13.11.2024
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